Rüdiger Schmidt: Zeugwart mit Pfeife
Dieser Mann pendelt zwischen den Niederungen des Amateurfußballs und dem Profibereich: Oft kommt es vor, dass Rüdiger Schmidt als Zeugwart des 1. FC Saarbrücken samstags in der 3. Liga im Einsatz ist - und tags darauf Spiele in der saarländischen Kreis- oder Bezirksliga pfeift.
"Ich war nie ein begnadeter Kicker und hatte außerdem Probleme mit dem Knie. Trotzdem wollte ich dem Fußball verbunden bleiben. Da hatte ich Lust aufs Pfeifen bekommen", erinnert sich der Saarbrücker an seine Anfänge vor gut 30 Jahren. Zunächst ging er für Teutonia Jägersfreude an den Start. Mittlerweile ist er zum FCS gewechselt.
"Die Leute verbinden mich mit dem FCS"
Wenn er wie kurz vor der Winterpause eine Partie in der Bezirksliga Saarbrücken zwischen der DJK Ensheim und dem FC Rastpfuhl II (Endstand: 4:1) leitet, ist spätestens nach dem Abpfiff auch der große FCS immer wieder das Thema. Seit zwei Jahrzehnten steht Schmidt in Diensten der Blau-Schwarzen, kümmerte sich in den ersten fünf Jahren um die Pflege des Rasens im Ludwigsparkstadions und übernahm dann den Posten des Zeugwarts. "Die Leute verbinden mich mit dem FCS, sehen mich im Stadion und sind genauso wie ich Anhänger des Vereins. Klar, dass dann über das letzte Spiel oder die generelle Entwicklung im Klub diskutiert wird", sagt der 57-Jährige.
Einiges hat Schmidt beim und mit dem 1. FC Saarbrücken mitgemacht. Zu Beginn seines Engagements spielte man noch in der 2. Bundesliga. 2006 begann der freie Fall. Dem Abstieg in die Regionalliga folgte der Gang in die viertklassige Oberliga Südwest. Durch die Umstrukturierung des Ligensystems sackte der Traditionsverein 2008 sogar in die Fünftklassigkeit ab.
Leute wie Schmidt hielten dem FCS die Treue. Mittlerweile ist die Hoffnung groß, wieder in die 2. Bundesliga zurückkehren zu können. Kurz nach der Winterpause rangiert das Team von Trainer und Manager Rüdiger Ziehl hinter Dynamo Dresden und Energie Cottbus auf Rang drei und kam mit dem 4:0 über den TSV 1860 München glänzend aus den Startlöchern. "Es ist ein Hauen und Stechen in der 3. Liga", sagt Schmidt. "Es sind viele enge Spiele. Spielst du mal unentschieden, gewinnt der andere und läuft dir wieder ein Stück weit weg", stellt sich Schmidt noch auf spannende Wochen ein.
Jeder Handgriff sitzt
Im Profifußball herrschen Stress und Druck. Als Zeugwart muss bei ihm jeder Handgriff sitzen, wenn es darum geht, die Spieler für die Trainings und Spiele auszustatten. Zu verschenken hat Schmidt dabei nichts: "Wenn einer unserer Spieler mal ein Trikot tauscht oder einem Fan schenkt, darf er das gerne tun. Dann vermerke ich das aber, und er bekommt es vom Gehalt abgezogen."
Durchgreifen muss Schmidt auch als 23. Mann, obschon es hier weitaus beschaulicher zugeht. Nach all den Jahren überlegt er mittlerweile jedoch aufzuhören. Das Knie spielt nicht mehr so richtig mit, zudem könnte die Arbeitsbelastung bei einem Aufstieg mit dem FCS in die zweite Liga höher werden. Er sei hin- und hergerissen, räumt Schmidt ein. Aktuell scheint das Pendel wieder etwas mehr Richtung Weitermachen zu gehen. Schließlich lief das letzte Spiel Ende vergangenen Jahres in Ensheim einfach zu glatt: "Ich musste in den 90 Minuten vielleicht 20-mal pfeifen und kam ohne eine einzige Gelbe Karte aus. So was macht dann einfach nur Spaß."
Ein ganz besonderes Erlebnis als Unparteiischer hatte Schmidt im Juli vergangenen Jahres: Wie mitunter in der Vorbereitung üblich, vereinbarten der FCS und Zweitligist Darmstadt 98 einen Test über mehr als 90 Minuten. Als sich der etatmäßige Schiedsrichter Nicolas Winter und seine Assistenten plangemäß nach zweimal 45 Minuten in den Feierabend verabschiedet hatten, musste der Saarbrücker Zeugwart ran - und brachte die 30 Extraminuten souverän über die Bühne.
Auch Abschlussspiele im Training leitete er in der Vergangenheit immer wieder. "Da gab es nie Probleme mit den Jungs, meine Entscheidungen wurden immer akzeptiert", sagt der Schiri-Zeugwart, der den Fußball aus so unterschiedlichen Perspektiven kennen- und lieben gelernt hat.