"Keine Diskussion": Umgang mit Kopfverletzung
Fußball ist Leidenschaft, Spannung, Teamgeist und jede Menge Action. Doch das Spiel birgt auch Risiken. Ein harter Kopfball, ein Zusammenprall in einem hitzigen Zweikampf, und plötzlich wird aus Spaß Ernst. Es kommt zu einer Kopfverletzung. Um das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen, hat sich FUSSBALL.DE in dieser Themenwoche intensiv mit Kopfverletzungen beschäftigt.
Neben Trainingstipps für alle Altersklassen und präventiven sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen bot die Woche auch eine Online-Sprechstunde mit Dr. Tim Meyer, Vorsitzender der Medizinischen Kommissionen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), und der UEFA sowie Prof. Dr. Claus Reinsberger, Sportmediziner an der Universität in Paderborn.
"Lasst euch hier nicht auf Diskussionen ein"
Insgesamt wurde während des Austauschs zwischen Spieler*innen, Eltern, Trainer*innen, Interessierten mit Dr. Tim Meyer und Prof. Dr. Claus Reinsberger erneut deutlich: Kopfverletzungen sind keine Kleinigkeit. "Die Konsequenzen reichen von leichten Traumata, die häufig unbemerkt bleiben, bis hin zu Gehirnerschütterungen (Concussions), die das empfindliche Netzwerk im Gehirn beeinträchtigen", erklärte Prof. Dr. Reinsberger.
Diese "Autobahnen der Kommunikation" zwischen den Hirnregionen sind essenziell für Wahrnehmung, Koordination und kognitive Fähigkeiten. Eine Schädigung kann Symptome wie Desorientierung, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Gleichgewichtsstörungen verursachen. Warnsignale wie Bewusstseinsverlust oder Erbrechen hingegen erfordern sofortiges Handeln. "In solchen Fällen muss ein Notarzt gerufen werden", betonte Reinsberger.
Dr. Meyer unterstrich die Wichtigkeit, Spielerinnen und Spieler bei Verdacht auf eine Kopfverletzung umgehend aus dem Spiel zu nehmen. "Lasst euch hier nicht auf Diskussionen ein und bleibt bei der betroffenen Person. Dabei ist es ausreichend, ihren Zustand erst einmal nur zu beobachten und auf mögliche Verschlechterung zu achten, solange keine äußeren Verletzungen vorliegen", erklärte Meyer.
Kopfverletzungen nicht vollständig vermeidbar
Wie wertvoll der Austausch mit den Experten war, zeigte das Beispiel von Elke, einer Mutter, die von den Erfahrungen mit ihrem Sohn berichtete. Er hatte bereits zehn Gehirnerschütterungen erlitten, vier davon beim Fußball. Ihre Fragen spiegelten die Sorgen vieler Eltern wider: Wie gefährlich sind wiederholte Kopfverletzungen? Wie können wir unsere Kinder schützen?
Dr. Meyer und Prof. Dr. Reinsberger machten deutlich, dass Kopfverletzungen nicht vollständig vermeidbar sind. Ein Verbot des Kopfballspiels sei jedoch nicht zielführend, vielmehr sei gezieltes, altersgerechtes Training die beste Prävention. Übungen zur Stärkung der Nackenmuskulatur sowie das richtige Erlernen der Kopfballtechnik könnten die Belastung für das Gehirn reduzieren. Gleichzeitig unterstrichen die Experten, wie wichtig es ist, jede Kopfverletzung ärztlich abklären zu lassen, um mögliche Langzeitfolgen frühzeitig zu erkennen.
Zurück ins Spiel? Nur ohne Symptome!
Auch zur Behandlung von Gehirnerschütterungen gab es klare Aussagen. "Früher hieß es, nach einer Gehirnerschütterung wochenlang völlige Ruhe halten. Heute setzt man auf einen vorsichtigen Wiedereinstieg", erklärte Dr. Meyer. Schritt für Schritt könnten betroffene Spielerinnen und Spieler in den Alltag zurückkehren, allerdings nur, solange sich keine Symptome verschlechtern. Der Arzt betonte: "Die Rückkehr in den Sport ist erst dann sicher, wenn der oder die Betroffene vollständig symptomfrei ist, und zwar ohne die Unterstützung von Medikamenten."
Die Themenwoche hat gezeigt: Kopfverletzungen im Fußball sind keine Bagatelle. Ob Spieler*innen, Trainer*innen, Eltern oder Fans, wir alle tragen Verantwortung, auf und neben dem Platz. Dr. Meyer schloss die Sprechstunde mit eindringlichen Worten: "Wer mit Kopfverletzungen auf dem Platz leichtfertig umgeht, riskiert nicht nur die Gesundheit der Spielerinnen und Spieler, sondern auch den Geist und die Zukunft unseres Sports."