Verein Tabalingo:

"Tabalingo Sport & Kultur inklusiv" ist ein Verein aus Stolberg in der Städteregion Aachen – mit einer starken inklusiven Fußballabteilung. Acht Mannschaften des Klubs befinden sich aktuell im aktiven Spielbetrieb. In diesem Jahr feiert Tabalingo seinen 15. Geburtstag. Was im Garten von Gründerin und Geschäftsführerin Ursula Espeter, 60, begann, ist inzwischen zu einem echten Vorzeigeprojekt geworden. Worum geht es genau? Und wofür steht der ungewöhnliche Name?

Es war im Frühjahr 2010, als Ursula Espeter die Hoffnung endgültig aufgegeben hatte. Der Rasen in ihrem Garten war nachhaltig zerstört. Ihre fünf Kinder hatten dort stundenlang, tagelang Fußball gespielt. Was also tun? Die Familie verlegte ersatzweise einen Rasenteppich und sie statteten die Standardzäune zu den Nachbarn mit hohen Ballfangnetzen aus. Es änderte sich wenig: Fast jeden Tag kickten dort nach der Schule ihre vier Söhne, ihre Tochter und die Kinder aus der Nachbarschaft. "Unser Garten war zu einem Bolzplatz geworden. Das war der Moment, als wir entschieden haben, dass es so nicht weitergehen kann", sagt Espeter und muss schmunzeln. Was war also die Lösung? Die Gründung eines Sportvereins.

Gründung schon vor 15 Jahren

Allerdings sollte es kein normaler Sportverein sein, er sollte vor allem Menschen mit Handicap ansprechen. Denn Espeters Tochter, damals acht Jahre alt, ist mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen. "Wir wollten für sie ein Umfeld schaffen, in dem sie ihren Bewegungsdrang ausleben konnte", erklärt Espeter. Es war die Geburtsstunde von "Tabalingo Sport & Kultur inklusiv". Heute, 15 Jahre später, ist es einer der größten Sportklubs in Deutschland mit ganz klarem Schwerpunkt für Menschen mit Beeinträchtigung.

"Ich habe immer noch die Bilder unser allerersten offiziellen Trainingseinheit vor Augen", sagt Geschäftsführerin Espeter, die sich seit dem ersten Tag ausschließlich ehrenamtlich für die Belange von Tabalingo einsetzt. Oft Tag und Nacht. Und am Wochenende sowieso. "Beim ersten Fußballtraining waren vier Kinder dabei. In der Woche danach waren es schon acht, und sieben Monate später hatten wir bereits 78 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wir hatten niemals damit gerechnet, dass sich unser Angebot so schnell entwickeln würde."

Und heute? Besteht der Verein aus sechs verschiedenen Abteilungen mit 25 verschiedenen Sport- und Kulturangeboten. Fußball gehört natürlich weiterhin dazu. Aber es gibt auch ausgefallene Angebote wie Rollsport-Musical, Schwarzlicht-Tanztheater, Sitztischkicker, Vielseitigkeitstraining und vieles mehr. Ganz hoch im Kurs steht derzeit das Thema „Ninja Warrior“. Inzwischen gibt es dafür eine Warteliste mit mehr als 50 Interessierten.

"Bei uns entsteht echte Inklusion, weil sich jede und jeder mit ihren und seinen Fähigkeiten einbringen kann und im Rahmen des individuellen Bedarfs gefordert und gefördert wird", sagt Espeter. "Über Dreiviertel der Teilnehmenden sind junge Menschen, etwa Zweidrittel Kinder und Jugendliche. Wir legen besonderen Wert darauf, dass Teilnehmende zu uns nicht in Therapie kommen, sondern zu ganz normalen Freizeitaktivitäten. Zusätzlich adressieren wir mit vereinsungebundenen, inklusiven Sport- und Kulturaktivitäten deutlich über 1500 weitere Kinder und Jugendliche aus der Region."

"Tabalingo richtet sich an Menschen mit Behinderung und Kinder und Jugendliche aus prekären sozialen Lagen und Menschen, die die Begegnung auf Augenhöhe schätzen"

Die Fußballerinnen und Fußballer bilden noch immer eine der größten Abteilungen innerhalb des Vereins. Acht Mannschaft sind im Moment im Spielbetrieb der FVM-Liga inklusiv dabei. "Wir haben unglaublich gute Erfahrungen damit gemacht, wenn Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam trainieren und spielen", betont Espeter. "Es ist einfach toll zu sehen, wie alle von dieser Konstellation profitieren."

Das Motto bei Tabalingo wird von allen gelebt: Kultur und Sport ohne Leistungsdruck. "Wir bringen Menschen in kulturelle und sportliche Aktivitäten, für die das bisher aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist", erklärt Espeter. "Tabalingo richtet sich im Besonderen an Menschen mit Behinderung und Kinder und Jugendliche aus prekären sozialen Lagen und Menschen, die die Begegnung auf Augenhöhe schätzen. Wir ermöglichen so Teilhabe und eröffnen beziehungsweise erweitern damit die Inklusion für Menschen mit Behinderung."

200 Neuanmeldungen 2025

Diversität ist hier ein ganz entscheidender Faktor: Die Altersspanne reicht von sechs bis über 70 Jahre, Jungen und Mädchen, Männer und Frauen, Menschen mit eigener Genderdefinition und Menschen aus vielen Herkunftsländern trainieren gemeinsam. Diese Verknüpfung hat eine große Vielfalt und einen enormen Zulauf an Teilnehmenden gebracht, der weiter anhält. "Allein in diesem Jahr haben wir 200 Neuanmeldungen. Das Interesse ist weiterhin riesig. Wir freuen uns über den Zuspruch. Aber natürlich müssen wir auch schauen, wie wir das alles organisiert bekommen."

Obwohl vieles schon sehr gut läuft, hat Espeter einen Wunsch: "Es wäre toll, wenn noch mehr Vereine den Mut aufbringen und sich für Menschen mit Handicap öffnen würden. Am Anfang ist sicherlich etwas organisatorischer Aufwand nötig. Aber das legt sich nach kurzer Zeit. Und sehr schnell werden die Vereine dann merken, wie groß der Zugewinn ist. Menschen mit Behinderung bereichern das Vereinsleben und sind sehr treue Mitglieder."

Bleibt noch die Frage offen, woher der ungewöhnliche Name kommt? Wofür steht Tabalingo? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Tabalingo setzt sich zusammen aus den Wortanfängen von Tanzspaß, Ballspiel, Integration/Inklusion und Gemeinschafts-Organisation – und das seit 15 Jahren. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Im Fußball sowieso, aber auch in anderen Sportarten.

Autor*in
Autor/-in: Martin Schwartz