Theo Riegel: Ein halbes Jahrhundert SSV Merten

Theo Riegel wird 2026 seit 50 Jahren ehrenamtlich für den SSV Merten aus dem Fußball-Verband Mittelrhein tätig sein. In dieser Zeit gibt es kaum ein Amt, das der 73-Jährige nicht ausgeübt hat. Riegel hat den Verein nachhaltig und zukunftssicher aufgestellt. Was treibt ihn an? Und warum engagiert er sich seit fast fünf Jahrzehnten in diesem außerordentlichen Maße?

Ein Leben ohne Fußball? Nicht vorstellbar. Ein Leben ohne Ehrenamt? Noch weniger vorstellbar. Beide Aussagen unterschreibt Theo Riegel sofort. Ohne nachdenken zu müssen. Riegel ist das Gesicht des SSV Merten. Der Verein aus dem Fußball-Verband Mittelrhein feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. 49 Jahre davon hat Riegel entscheidend geprägt. Dafür ist ihm kürzlich auch der DFB-Ehrenamtspreis verliehen worden.

"Und zack, war ich Jugendtrainer"

Aber wie kam es dazu? War es Liebe auf den ersten Blick? "Nein, ganz sicher nicht", sagt Riegel und muss lachen. Um dann eine Anekdote zu erzählen, die vielleicht etwas zugespitzt ist: "Ich war spazieren und bin an der Sportanlage des SSV Merten vorbeikommen. Dort bin ich mit ein paar Verantwortlichen des Vereins ins Gespräch gekommen, und zack, war ich Jugendtrainer. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren."

Es war der Anfang einer Beziehung, die bis heute hält. Im kommenden Jahr feiern Riegel und der SSV Merten goldene Hochzeit, 50 Jahre werden sie dann liiert sein. Wie so oft, war es eine Beziehung mit Höhe und Tiefen. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. "Aber letztlich überwiegen natürlich die positiven Aspekte, sonst hätte ich es ja nicht so lange gemacht", sagt er.

Riegel hat alles mitgemacht. Er war immer da, wenn der Verein Hilfe brauchte. Erst als es an Jugendtrainern fehlte. Danach war er Jugendleiter und Schatzmeister. Seit 2001 ist er 1. Vorsitzender. "Als ich in Merten angefangen habe, hätte ich mir niemals vorstellen können, dass das eine so lange Geschichte wird", sagt Riegel. "Aber es hat mir Spaß gemacht, den Verein zu entwickeln. Ich habe den SSV Merten immer als Projekt gesehen, das ich bestmöglich und zukunftssicher aufstellen möchte. Dass ich heute immer noch dabei bin, ist vielleicht ein Zeichen dafür, dass mir das ganz gut gelungen ist."

Riegel ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass dies in den bisherigen 49 Jahren nur möglich war, weil er immer weitere engagierte Ehrenamtlerinnen und Ehrenamter an seiner Seite hatte. Eine Einzelperson kann das nicht schaffen, das geht nur in der Gemeinschaft. Wenn man zusammenhält, wenn man sich vertraut, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Was so selbstverständlich klingt, ist leider oft nicht der Fall. "Man kann so einen Verein nur im Teamwork organisieren. Die Aufgaben und Herausforderungen, die zu lösen sind, sind mittlerweile so vielfältig, das ist für eine Person gar nicht möglich", betont Riegel.

FUSSBALL.DE trifft Riegel an einen nebeligen und eiskalten Sonntagvormittag auf der Anlage des SSV Merten. Es ist der Tag, an dem die erste Mannschaft des Klubs, die als Aufsteiger in der fünftklassigen Mittelrheinliga völlig überraschend den zweiten Platz belegt, die Vorbereitung auf die Rückrunde beginnt. Bünyamin Kilic, Trainer der Mannschaft, stimmt seine Spieler in der Kabine mit einer emotionalen, aber gleichzeitig durchdachten Rede auf die zweite Saisonhälfte ein. Riegel hört ebenfalls zu und sagt: "Wir haben hier ein gute Truppe zusammen, die sehr ambitioniert unterwegs ist. Aber wir haben auch noch einige Baustellen im Verein. Unsere Reserve spielt in der Kreisliga C. Das ist meiner Meinung nach viel zu tief. Und eine A-Jugend haben wir auch nicht. Das müssen wir ändern."

Dreigestirn im Mertener Karneval

Abseits dieser strukturellen Herausforderungen wird dem Verein in diesem Jahr eine besondere Ehre zuteil, die weit über den sportlichen Aspekt hinausgeht. Drei Spieler aus der ersten Mannschaft bilden das Dreigestirn im Mertener Karneval. "Es hat sich unter den ortsansässigen Mitgliedern des SSV Merten niemand gefunden, der das gerne machen wollte, also sind drei Spieler der ersten Mannschaft eingesprungen", sagt Riegel. "Wir als der größte Verein im Ort sehen uns hier in der Pflicht, uns auch sozial zu engagieren."

Jerome Propheter ist nun also bis Anfang März als Prinz unterwegs, Gaspard Fehlinger ist der Bauer und Eliot Albert ist die Jungfrau. Am Abend vor dem Trainingsauftakt hatten sie einen viel umjubelten Auftritt bei der Herrensitzung im Ort. "Die Drei machen das super“, lobt Riegel. „Sie kommen toll an und sind mit großem Engagement dabei." Bis zu 35 Auftritte sind in der Session geplant. Mehr sollen es nicht sein, damit die sportlichen Ambitionen nicht zu kurz kommen. Dennoch wird das Mertener Dreigestirn überall präsent sein – bei Sitzungen und Karnevalsveranstaltungen in der Region, aber selbstverständlich auch abseits der großen Bühnen in Schulen, Kindergärten und Altenheimen.

Und Riegel, der 1998 selbst Prinz im Mertener Karneval war, übernimmt bis Aschermittwoch gemeinsam mit der 2. Vorsitzenden Agi Olligschläger-Lödel die Rolle des Prinzenführers beziehungsweise der Prinzenführerin. "Ich bin ja Rentner und habe Zeit, die Auftritte unseres Dreigestirns zu organisieren. Ich weiß aus meiner Zeit als Prinz, wie es funktioniert", sagt er und muss lachen.

"Wir wollen eine Heimat sein"

Dieses Engagement im Karneval und für den Ort mit seinen 4500 Einwohnerinnen und Einwohnern zeigt, dass der SSV Merten unter Riegels Leitung viel mehr ist, als ein Sportverein. "Wir wollen selbstverständlich auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, soweit es unsere Möglichkeiten zulassen", betont Riegel. "Aber in erster Linie wollen wir eine Heimat für unsere Sportlerinnen und Sportler sein."

Riegel ist es in diesem Zusammenhang auch wichtig zu betonen, dass der SSV Merten natürlich kein reiner Fußballverein ist: "Wir sind sehr breit aufgestellt. Wenn man nach der Anzahl der Mitglieder geht, ist die Fußballabteilung sogar nur die Nummer drei bei uns hinter dem Kinderschwimmen und Kinderturnen. Die Förderung des Nachwuchses ist uns sehr wichtig. Deshalb sind wir glücklich darüber, hier zu gut aufgestellt zu sein."

Aber selbstverständlich sind die Fußballerinnen und Fußballer in der öffentlichen Wahrnehmung das Aushängeschild des Klubs. Die Frauen spielen in der Landesliga, die Herren in der Mittelrheinliga. "Wir wollen einerseits Fußball für alle anbieten, aber auch ambitionierten Fußball auf möglichst hohem Niveau. Die Mittelrheinliga ist hier schon sehr ambitioniert und eine gute Spielklasse für uns. Für die viertklassige Regionalliga reichen unseren infrastrukturellem Voraussetzungen voraussichtlich nicht aus."

Riegel wird die Entwicklung des SSV Merten weiter intensiv verfolgen. Aber es könnte sein, dass im Laufe dieses Jahres das Unvorstellbare eintritt. „Ich habe mir eigentlich vorgenommen, im Herbst den 1. Vorsitz abzugeben und etwas kürzer zu treten“, sagt er. "Ich bin der Meinung, dass es dann an der Zeit ist, dass Jüngere Verantwortung übernehmen sollte. Ich werde selbstverständlich beratend weiterhin jederzeit zur Verfügung stehen und dem SSV Merten erhalten bleiben." Ganz nach dem Motto also: Einmal Ehrenamt, immer Ehrenamt.

Autor*in
Autor/-in: Sven Winterschladen

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