SV Fühlingen II: Punktlos glücklich
Die zweite Mannschaft des SV Fühlingen aus Köln hat vor der Rückrunde in der Kreisliga D noch keinen Punkt auf dem Konto. Trotzdem freuen sich Mannschaft und Verantwortliche auf die zweite Saisonhälfte. Einerseits, weil es nur besser werden kann. Andererseits aber vor allem, weil im Amateurfußball neben Siegen und Niederlagen andere Aspekte mindestens genauso wichtig sind. Was genau?
Kein Punkt. Ein Torverhältnis von 18:58. In der Kreisliga D, der untersten Spielklasse. Man kann es positiv formulieren: Für die Reserve des SV Fühlingen lief die Saison bisher nicht optimal. Oder man drückt es negativ aus: Das Team dürfte mit dieser Bilanz statistisch zu den schlechtesten Fußballmannschaften in Deutschland zählen.
Zwei Siege aberkannt
Beide Sichtweisen werden der Sache jedoch nicht wirklich gerecht. Denn für Spieler und Verantwortliche des SV Fühlingen II zählen in erster Linie die Werte, die den Amateurfußball so besonders machen: Zusammenhalt, Gemeinschaftsgefühl, Wertschätzung, Integration. "Natürlich wollen wir gerne zusammen Siege feiern, und Niederlagen tun uns auch weh, besonders wenn sie deutlich ausfallen oder wenn wir das entscheidende Gegentor in der letzten Minute kassieren", sagt Trainer Deniz Acar. "Aber das hindert uns nicht daran, unsere gemeinsame Zeit zu genießen, nach dem Spiel den Grill anzuschmeißen und ein Bier zu trinken. Das gehört meiner Meinung nach einfach dazu."
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Bilanz des SV Fühlingen II gar nicht so mies sein müsste, wie sie sich derzeit darstellt. Denn tatsächlich gab es in der Hinrunde sogar zwei Siege - beide wurde allerdings nachträglich aberkannt. Der eine, weil der Gegner seine Mannschaft aus dem Spielbetrieb zurückzog. Der andere, weil die Fühlinger versehentlich einen Spieler eingesetzt hatten, der nicht hätte auflaufen dürfen. Und deshalb sieht die Tabelle gerade aus, wie sie aussieht.
"Mit dem Aufstieg werden wir in dieser Saison sicher nichts mehr zu tun haben“, sagt Acar und muss laut lachen. "Absteigen können wir nicht, weil wir sowieso schon in der untersten Spielklasse unterwegs sind. Wir freuen uns trotzdem auf die Rückrunde und wollen in den ausstehenden Begegnungen unbedingt dafür sorgen, dass wir endlich auch offiziell die ersten Punkte holen.“ Die nächste Möglichkeit dazu hat das Team am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen die dritte Mannschaft des TFC Köln - derzeit Tabellenzweiter. Eine große Herausforderung.
Aber warum läuft es beim SV Fühlingen II aktuell eigentlich so schlecht? Fehlt die Qualität? Oder sind andere Gründe ausschlaggebend? "Wir haben schon ein paar Jungs in der Mannschaft, die Fußball spielen können“, erklärt Acar. "Aber die meisten unserer Spieler sind zwischen 30 und 55 Jahren alt. Da sind Aspekte wie die Familie und der Beruf wichtiger, und der Fußball rückt etwas in den Hintergrund. Das Training haben wir deshalb auch komplett eingestellt, weil die Beteiligung zu gering war. Es hat einfach keinen Sinn gemacht.“
"Natürlich wollen wir gerne zusammen Siege feiern, und Niederlagen tun uns auch weh, aber das hindert uns nicht daran, unsere gemeinsame Zeit zu genießen, nach dem Spiel den Grill anzuschmeißen und ein Bier zu trinken"
Die Konsequenzen dieser Maßnahme kann man nun häufiger am Wochenende auf dem Platz feststellen, wie auch der Trainer betont: "Bis zur 60. Minute können wir meist sehr gut mithalten. Aber nach einer Stunde geht uns oft die Puste aus. Und dann kassieren wir leider die Gegentore, die zu den Niederlagen führen. Da merkt man leider das fehlende Training, die fehlende Kondition. Aber so ist es eben.“
In der dritten Halbzeit nach dem Spiel werden die leeren Speicher am Grill und mit dem einen oder anderen Kaltgetränk wieder aufgeladen. Spieler, Verantwortliche, Partnerinnen und Partner, Freunde und der Nachwuchs sitzen dann oft noch länger zusammen und analysieren gemeinsam, warum es wieder nicht gereicht hat. Und vor allem: Wie es beim nächsten Mal endlich mit den ersten Punkten klappen kann. Vielleicht schon in der nächsten Woche. Wer weiß…
Der SV Fühlingen ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Verein. Nicht nur wegen seiner zweiten Mannschaft, sondern auch wegen seiner vielseitigen Ausrichtung. Menschen aus allen möglichen Ländern kommen hier zusammen. Aber ist das ein Problem? "Nein, im Gegenteil sogar", sagt Acar nachdrücklich. "Wir beim SV Fühlingen sind Multikulti im besten Sinne. Bei uns kommen Menschen aus allen möglichen Ländern zusammen. Es gibt fast nie Probleme, weil der Fußball uns verbindet und unsere gemeinsame Sprache ist. Bei uns ist jeder willkommen, der sich in unsere Gemeinschaft integriert, der keinen Ärger macht und der sich mit unseren Werten identifiziert.“
All das klingt vielsprechend, all das zeigt die Kraft des Fußballs. Aber etwas ganz Wichtiges fehlt trotzdem derzeit: der sportliche Erfolg. Die Punkte in der Tabelle. Dennoch: Sie sind auch punktlos glücklich.